Susan Philipsz

Installationsansicht 2017. Foto: Hubertus Huvermann

Installationsansicht 2017. Foto: Hubertus Huvermann

The Lost Reflection [Das verlorene Spiegelbild]

2007, skulptur projekte münster 07

Soundinstallation

 

Standort

Aasee, unter der Torminbrücke, permanente Installation seit 2008, zu hören sonntags zwischen 10 und 18 Uhr

 

Eigentümer

LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster

 

Leider ist die Arbeit derzeit defekt und nicht zu hören. Die Instandsetzung erfolgt in naher Zukunft.

Susan Philipsz

* 1965 Glasgow, Vereinigtes Königreich
lebt und arbeitet in Berlin, Deutschland und Belfast, Vereinigtes Königreich

Unter der Torminbrücke am Aasee erklingt sonntags von 10 bis 18 Uhr die Barcarole aus Jacques Offenbachs Operette Hoffmanns Erzählungen.1 Die Künstlerin selbst, Susan Philipsz, singt die bekannte Melodie. Nur die unscheinbaren Lautsprecher an den Brückenpfeilern verweisen auf die Quelle des Gesanges, jedoch ist dieser kaum zu verorten. Das musikalische Motiv wird zunächst einstimmig auf der einen Uferseite abgespielt und dann über die Lautsprecher am anderen Ufer wiederholt. Anschließend setzt die zweite Stimme ein.

Durch die symmetrische Architektur der Brücke stellt sich der Eindruck eines Gewölbes ein, das zusammen mit den Lichtreflexen des Wassers für die Dauer der Melodieabfolge eine flüchtige, stets neue Szenerie entstehen lässt. Die Suche nach einem Gegenüber endet im Nichts – nur die futuristische und verwitterte Betonoberfläche der Brücke, die andere Uferseite und das Wasser sind zu sehen. Kein Gegenstand, lediglich die Andeutung eines modernistischen Bühnenbildes rückt ins Blickfeld. Hier assoziierte Philipsz die postexpressionistische, in Technicolor grellbunt erscheinende Kulissenarchitektur aus dem Musikfilm The Tales of Hoffmann (1951).2 Darin singt die Venezianerin Giulietta in einer Gondel stehend ein Duett mit ihrem Spiegelbild. Später wird sie Hoffmanns, Protagonist der Geschichte, Spiegelbild stehlen.

Im Prozess der Wahrnehmung des Ortes und des ephemeren Klangraumes werden die Grenzen eines traditionellen Skulpturbegriffes ausgelotet. Philipsz erforscht die physischen Aspekte von Klang und Gesang, wobei der Träger der Stimme – wie in anderen Arbeiten der Künstlerin auch – abwesend und dennoch strukturgebender Teil der Installation ist. Der Klang selbst definiert einen Raum, der durch den Faktor Zeit eingegrenzt und rhythmisiert wird.3 The Lost Reflection erzeugt im Vorbeiflanieren eine fragile, subjektive Wahrnehmung, eine Suche nach dem Gegenüber. Immer wieder entsteht ein spürbarer, aber nicht fassbarer Raum, der die Distanz zum anderen Ufer überbrückt, um bald wieder zu verschwinden. Die Vorgänge des Spiegelns, Antwortens und Wiederholens spielen auf den Ort selbst an, auf die künstliche Inszenierung eines romantischen Sees: Der Aasee wurde Ende des 19. Jahrhunderts an der Stelle eines Sumpfgebietes geplant, von wo aus die Stadt regelmäßig bis hin zum Überwasserviertel überflutet wurde. Erst in den 1930er Jahren konnte er fertiggestellt werden und zählt heute, trotz der dauerhaft schlechten Wasserqualität aufgrund des stark von landwirtschaftlich eingesetzten Pestiziden belasteten Bodens, zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Anna-Lena Treese

1 Während der skulptur projekte münster 07 war das Stück täglich von 10 bis 18 Uhr zu hören.

2 Brigitte Franzen, Kasper König und Carina Plath (Hg.), skulptur projekte münster 07, Ausst.-Kat.: LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster, Köln 2007, 196–201, hier 196.

3Karin Kopka-Musch im Gespräch mit Susan Philipsz. In: Hildegund Amanshauser und Brigitte Franzen (Hg.), skulptur projekte münster 07 // Vorspann // Kunstakademie Münster // Gespräche mit // interviews with, Köln 2007, 104–112.

Standort

Installationsansicht 2017. Foto: Hubertus Huvermann

Susan Philipsz
The Lost Reflection [Das verlorene Spiegelbild]

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