Ilya Kabakov

Installationsansicht 2017. Foto: Hubertus Huvermann

Installationsansicht 2017. Foto: Hubertus Huvermann

"Blickst du hinauf und liest die Worte..."

1997, Skulptur. Projekte in Münster 1997

Installation aus Betonsockel, Stahlmast, 22 Metall-Antennen, 3 mm dünne Metallbuchstaben

Höhe: 15 m, Schriftfeld: 14,45 x 11,3 m

 

Standort

Nördliche Aaseewiesen, östlich des Kardinal-von-Galen-Ringes, permanente Aufstellung

 

Eigentümer

LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster, angekauft mit Unterstützung des Vereines der Kaufmannschaft zu Münster von 1835

Ilya Kabakov

* 1933 in Dnipropetrowsk, Ukraine
† 2023 in New York, USA

Ilya Kabakovs Arbeit „Blickst du hinauf und liest die Worte…“ am nördlichen Ufer des Aasees steht in Bezug zu Donald Judds 1977 entstandenen konzentrischen Betonringen, die sich unweit auf derselben Seite des Sees befinden. Ebenso wie Judd thematisiert Kabakov das Verhältnis zwischen Himmel und Erde. Die Installation, einem Sendemast ähnlich, richtet sich dabei vertikal gen Himmel. Bei näherer Betrachtung formen sich in den Zwischenräumen der Antennenfühler filigrane Buchstaben, aus denen man auf dem Rücken liegend mit einiger Mühe folgenden Text entziffern kann: „Mein Lieber! Du liegst im Gras, den Kopf im Nacken, um dich herum keine Menschenseele, du hörst nur den Wind und schaust hinauf in den offenen Himmel – in das Blau dort oben, wo die Wolken ziehen –, das ist vielleicht das Schönste, was du im Leben getan und gesehen hast.“1
Der Betrachtende wird direkt angesprochen, wie eine Handlungsanweisung fordert der Text zur Kontemplation auf. Die Zeilen erinnern an romantische Sehnsuchtslyrik; das Blau des Himmels steht dabei für den Unendlichkeitstopos. Lässt man das Auge zwischen Nähe und Distanz schweifen, lösen sich die Buchstaben immer wieder in flimmernde Drahtformen auf. Der im Sonnenlicht verstärkte Eindruck des Flimmerns verbildlicht den elektronischen Sendevorgang – in diesem Fall wird Information nicht über unsichtbare elektrische Felder, sondern über materielle Drahtbuchstaben vermittelt.
Der Sendemast mit Antenne fungiert als ein Symbol unserer technischen Zivilisation. Die Arbeit verweist auf die Informationsfluten und die technischen Kommunikationsmöglichkeiten, „die von Jahr zu Jahr mehr werden und das menschliche Aufnahmevermögen bei weitem überfordern“2. Dass die Botschaft in einer einfachen, direkt übertragenen Textmitteilung besteht, sieht Kabakov selbst als spielerisch-ironischen Protest gegenüber stetig wachsender Informationsökonomien.3

Judith Frey

1 Klaus Bußmann, Kasper König und Florian Matzner (Hg.), Skulptur. Projekte in Münster 1997, Ausst.-Kat.: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster, Ostfildern-Ruit 1997, 235.

2 Ilya Kabakov. In: Ebd., 237.

3Ebd.

Standort

  • Noch vorhanden / Öffentliche Sammlung
  • Nicht mehr vorhanden
  • Im Museum