Lothar Baumgarten

Installationsansicht 2017. Foto: Hubertus Huvermann

Installationsansicht 2017. Foto: Hubertus Huvermann

Drei Irrlichter

1987
Installation aus drei Glühbirnen à 15 Watt

 

Standort
Südseite des St.-Lamberti-Kirchturms in 60 m Höhe, Kirchherrngasse 3, permanente Installation in den Eisenkörben an der St.-Lamberti-Kirche

 

Eigentümer
LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster, erworben mit Unterstützung der Kaufleute des Prinzipalmarktes

Lothar Baumgarten

* 1944 in Rheinsberg, Deutschland
† 2018 in Berlin, Deutschland

Die historischen Ereignisse der reformatorischen Täuferbewegung von Münster in den 1530er Jahren bilden den Ausgangspunkt für Lothar Baumgartens Lichtinstallation Drei Irrlichter für die Skulptur Projekte in Münster 1987.

Das sogenannte Täuferreich von Münster war eine radikal reformatorisch-christliche Bewegung im 16. Jahrhundert, die mit Härte und Gewalt die eigenen Glaubensvorstellungen von Apokalypse und der Wiederkunft Jesu Christi verfolgte. In der sogenannten Johannisnacht im Jahr 1535 wurde den Anführern der Bewegung – Jan van Leiden, Heinrich Krechting und Bernd Knipperdollinck – der Prozess gemacht: „Ein wildes Gemetzel, das zwei Tage und eine Nacht dauert, bricht nun endgültig ihren Widerstand“, so beschreibt Baumgarten in seiner Projektskizze die Ereignisse. „Auf das Blutgerüst gestellt, wird den Rädelsführern der Prozeß gemacht, grausam und unerbittlich ihrer Schreckensherrschaft ein Ende gesetzt. Bei stundenlanger Folter reißt man den Wiedertäufern mit glühenden Zangen auf dem Prinzipalmarkt das Fleisch aus dem Leib. Die Leichname der gemarterten Anführer […] werden in eisernen Käfigen am Turm von St. Lamberti zur Schau gestellt. So hingen sie als Abschreckung und Ächtung für ihren gewaltsamen Ausbruch aus der göttlichen und menschlichen Ordnung.“1

Baumgartens Drei Irrlichter erinnern an die Geschehnisse der Johannisnacht und mahnen zugleich den Umgang mit Andersgläubigen an. Sie leuchten seit 1987 Nacht für Nacht in den Eisenkörben am Kirchturm der St.-Lamberti-Kirche. Der Titel der Installation verweist auf die verirrten Seelen der Täufer, die auf den falschen Weg geraten sind, aber auch auf die fragwürdige Zurschaustellung der Folter durch die katholische Kirche.

Ursprünglich plante Baumgarten eine weitere Projektkomponente an der Pfarrkirche Liebfrauen-Überwasser: Das gestürzte Kreuz, ein abstraktes halbes Kreuz aus dunkelroten Ziegeln auf dem Dach der Kirche, sollte an den reformatorischen Bildersturm erinnern. Es wurde jedoch aufgrund von Bedenken des Kirchenvorstandes nicht realisiert.

Ronja Primke

1 Lothar Baumgarten, Das gestürzte Kreuz / Drei Irrlichter. In: Klaus Bußmann und Kasper König (Hg.), Skulptur Projekte in Münster 1987, Ausst.-Kat.: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster, Köln 1987, 46–48.

Standort

  • Noch vorhanden / Öffentliche Sammlung
  • Nicht mehr vorhanden
  • Im Museum